SPIELART 2013

Beginn der Zeitreisen

Noch 10 Tage, dann heißt es wieder Festivalzeit! SPIELART beginnt. Das bedeutet Zeitenverschiebungen. Im Nu wird der Alltag umgekrempelt. Statt abends auf dem Sofa abzuhängen, trifft man sich wieder in der Muffathalle oder an einem anderen der vielen Spielorte, und taucht zwei Wochen lang ein in die Welt der Spielarten, um zu staunen, zu diskutieren und um sich über die Dinge auszutauschen, die gerade die geladenen Künstler bewegen. Egal, ob bei der Zehn-Stunden-Performance des Nature Theatre of Oklahoma am Eröffnungswochenende oder bei der Retrospektive des Living Dance Studio aus Beijing, die uns über die Situation der Kunst in China aber auch in Deutschland nachdenken lässt.

PressekonferenzDas Bedürfnis zu sprechen, wird wohl auch bei WAKE UP! Eine Versammlung für ein anderes Europa groß sein, versammeln sich doch zahlreiche Aktivisten, Künstler, Publizisten und Wissenschaftler aus ganz Europa, um über die Lage in ihren Länder zu berichten. Thema des dreitägigen Diskursprogramms ist die Eurokrise, und damit auch die unterschiedlichen Protestformen, die sich mit viel kreativem Einsatz in den letzten Jahren entwickelt haben.

Graue Container, etwa 5qm groß, reihen sich mittlerweile von der Ludwigsbrücke bis zum Gasteig aneinander. Zehn Künstler(-gruppierungen), beheimaten sie für die Zeit des Festivals. Bei der Pressekonferenz stellen sich erstmals einige von ihnen vor. Gemeinsam ist ihnen ihre Beschäftigung mit der Stadt – und dass sie etwas sammeln,  Zeit, Müll, Erfahrungen oder Geschichten. All das, was sich im Stadtraum und darüber hinaus so finden lässt.

Pressekonferenz 3Da ist zum Beispiel Julian Hetzel. Er denkt im Container, der für ihn eine „Station des globalen Arbeits- und Wirtschaftssystems“ darstellt, über das Warten nach, weil wir das doch viel zu oft machen und dabei temporäre Gemeinschaften bilden, in denen Begegnungen möglich wären, wenn sie nur zugelassen werden. Oder der bildende Künstler Levent Kunt, der Dinge von der Straße aufliest und daraus ein als Schlagzeug bespielbares Objekt bastelt. In Paris, wo das Recyclingprojekt LE SPECTACLE entstanden ist, war das kein Problem. Nach München musste er sich vorab gleich zweimal auf die Suche begeben, um in der so sauberen Stadt irgendetwas zu finden.
Die Münchnerin Anna Konjetzky macht ihren Container an der Ludwigsbrücke zur Brüllbox, und befragte die letzten Wochen Bewohner aus 16 Stadtvierteln, aus welchen Gründen sie in München auf die Straße gehen würden. Im doppelten Protest wird sich die Choreografin üben: Einmal in den jeweiligen Stadtvierteln, mit einem stillen Aufmarsch, und das andere Mal im Container, wo es mitunter lautstark zur Sache gehen wird. Einen Blick in Schrebergärten in Russland, Lettland und München haben die Regisseurin Christine Umpfenbach und Katrina Neiburga geworfen und in Videos festgehalten, die im Container direkt am Gasteig zu sehen sein werden, während die Dicatphone Group aus Beirut, mündlich überlieferte Geschichten von syrischen Flüchtlingen ausstellen. Geschichtensammler sind auch Tracing Spaces, die ihren Container mit einem Netzwerk aus persönlichen Erfahrungen samt Interviews und Zeichnungen überspannen.

 

 

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