SPIELART 2015

Fünf Fragen an satellit produktion

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In unserer Interview-Reihe “Fünf Fragen an …“ stellen wir die Künstler des SPIELART-Festivals 2015 vor. Diese Woche ist das Theaterkollektiv satellit produktion aus München an der Reihe.

 

 

 

 

1. Wer seid Ihr?

Wir sind David Russo, Martina Missel, Ana Zirner und Florina Vilgertshofer und zusammen sind wir das freie Kollektiv satellit produktion. Wir setzen uns in unserer Arbeit mit aktuellen politischen und sozialen Themen auseinander und verarbeiten diese durch künstlerische Prozesse für die Bühne. Es liegt in der Natur der Themen und ist Teil des Antriebs, dass sich dieses Material ständig verändert und nie vollständig ist. Für uns ist die Bühne ein Satellit.

 

2. Beschreibt uns Euer Projekt für das SPIELART 2015

HIATUS – En Projekt über Bettler und Passanten“ ist eine Tanz-Theater Produktion, die sich mit dem Moment der Begegnung zwischen Bettler und Passant beschäftigt. Diese Begegnung veranlasst für den Bruchteil einer Sekunde eine Auseinandersetzung und fordert eine Entscheidung. Gehen wir weiter, als hätten wir nichts gesehen? Schenken wir ihm oder ihr einen Moment der Aufmerksamkeit? Oder geben wir Geld? Oder sogar beides? Oder mehr? Können wir geben? Haben wir Zeit dazu? Sicher ist nur: Wir werden weitergehen. Wir werden Passanten bleiben. Ganz gleich, ob wir etwas gegeben haben oder nicht. Aber kurz hat sich etwas bewegt.

 

3. Welche aktuellen Themen/ Geschehnisse lassen Euch nicht los und beeinflussen Euch als Künstler?

Der Ausgangspunkt für ein neues Projekt ist bei satellit produktion immer ein bestimmtes Ereignis oder eine persönliche Fragestellung, wie eben die wiederkehrende Erfahrung der Begegnung mit Bettlern. Der HIATUS (lat. hiatus „Öffnung“, „Spalt“, „Kluft“) beschreibt die Entkoppelung von Handlungsmöglichkeit (Antrieb) und Handeln. Die Bezeichnung HIATUS findet sich in vielen Bereichen. In der Musik beschreibt der HIATUS z.B. die vakuumartige Stille vor dem Orchestereinsatz und in der Physik der Moment, wenn die Schaukel in der Luft hängt, bevor sie zurückschwingt. In zwischenmenschlichen Begegnungen kann der HIATUS ein Moment sein, in dem durch die Begegnung zweier Körper ein Richtungs- und Dynamikwechsel entsteht, der von keinem der beiden Körper antizipiert werden konnte. Dieser dynamische Moment des Stillstands hat uns in seinen Bann geschlagen. Denn obwohl das Ende des HIATUS unausweichlich ist, die Länge ist eine kleine Unendlichkeit.

 

4. Gab es einen besonderen Moment bei den Proben?

Unser erstes Recherchetreffen mit dem Ensemble bestand darin, dass wir in der Münchner Innenstadt eine Art Bettelflashmob veranstaltet haben. Das Bewusstsein, etwas „nachzuspielen“, was für andere Menschen Realität ist, und die Tatsache, dass wir in unserem Betteln unseren potentiellen Spendern gegenüber nicht aufrichtig sind, hat uns nachhaltig beeindruckt. Es gab eine Situation in der eine Frau an uns vorbeiging, dann zögerte, zurückkam und uns betroffen ansah. Sie fragte ernsthaft: „Was? So viele junge Menschen? Aber was ist denn mit Ihnen? Arbeitslosigkeit? Was haben Sie denn?“ Wir waren alle wie erstarrt von ihrer offenen Emotionalität. Wir dachten wohl doch, es sei offensichtlich, dass wir da eine „Kunstaktion“ machen (wir hatten uns nicht als Bettler verkleidet). Aus Schreck hat keiner von uns reagiert, und wir haben es so weit kommen lassen, dass die Frau jedem von uns ein Geldstück in die Hand gelegt hat. Im Nachhinein haben wir es sehr bereut dass wir die Situation nicht aufgelöst haben.

 

5. Worauf freut ihr Euch beim SPIELART 2015 am meisten?

Was uns begeistert beim SPIELART Festival ist die vielseitige Energie der anwesenden internationalen Künstler. Wir freuen uns auf die inspirierende Atmosphäre und auf den Austausch mit Künstlern aus anderen geografischen, politischen und kulturellen Kontexten.

 

Auf dem SPIELART 2015 werden satellit produktion mit dem Stück HIATUS – En Projekt über Bettler und Passanten zu sehen sein. Tickets gibt es ab dem 14. September an diesen Vorverkaufsstellen.

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