SPIELART 2013

Ein Spiel zwischen Agieren, Reagieren, Interagieren, Reflektieren und Kapieren.

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VON VERENA REGENSBURGER

Agieren: In Situation Rooms wird auf den klassischen Schauspieler verzichtet. Der Besucher darf selbst in 10 Rollen schlüpfen, welche konträre Positionen aufmachen oder sich ergänzen. Der Zuschauer wird dadurch Teil eines Re-Enactments und dabei zum Ausführenden selbst.

Reagieren: Dies funktioniert jedoch nur, wenn sich der Teilnehmer aus seiner sonst festgelegten Rolle als Zuschauender löst. Ausgestattet mit einem iPad und Kopfhörern wird kurz das Konzept von Situation Rooms erläutert. Nimmt man an dieser Stelle die Vereinbarung an, mit der im iPad dargestellten Person zu verschmelzen, kann die Tour durch die dargestellte „Waffen-Welt“ beginnen. Vor einer Tür stehend, die in die aufgebauten Räume führt, gleichen sich das Bild auf dem iPad und das „Real-Bild“ an. Kurz macht sich das Gefühl breit, man bekomme keine Videoaufnahme gezeigt, sondern auf dem Bildschirm wäre die Kamera des iPads zu sehen. Doch die Tür auf dem Bildschirm rückt näher, obwohl man selbst den Abstand nicht verringert hat. Spätestens nachdem die Hand eines Mannes auf dem Screen erscheint, erkennt man, dass es sich um ein Video handelt, das in derselben Lokation gedreht wurde. Als der Mann die Türklinke in die Hand nimmt, muss der Teilnehmer reagieren. Denn in diesem Moment schlüpft er in dessen Rolle und ist mit ihm über das iPad verbunden. In regelmäßigen Abständen wird der Screen schwarz und eine neue Rolle, ein neuer „Experte des Krieges“ wird vorgestellt: ein Friedensaktivist, ein Anwalt für zivile Drohnen-Opfer, ein Kriegsfotograf, ein Administrator eines Drogenkartells, ein Kindersoldat, ein Hacker, ein Arzt, ein Oberleutnant der Luftwaffe, ein gestrandeter Bootsflüchtling …

Interagieren: Es gibt 10 Türen, die in das „Haus“, ein Filmset mit verschiedenen Ebenen und thematischen Bereichen, führen. Zuerst betreten zehn Teilnehmer unterschiedliche Räume, in denen sie sich zunächst in ihrer Rolle zurechtfinden müssen. Dann folgen zehn weitere. Nun sind alle 20 Rollen im Komplex verteilt und das „Multiplayer Videostück“ kann beginnen. Alle Personen haben sich durch die über iPads dargestellten Rollen mit diesen zu identifizieren. Das Video gibt die Wege und Handlungen exakt vor. Somit kommt es zu perfekt getimten Begegnungen. Über die Kopfhörer werden andere Personen vorgestellt. Man wird aufgefordert, sich zu begrüßen, sich die Hände zu schütteln oder Requisiten mit einzubeziehen. Ich selbst konnte es zum Teil nicht fassen, wie perfekt das Timinig war. So musste ich zwischen dem Geschehen und dem Bildschirm abgleichen, um wieder festzustellen, dass die Person, die vor mir stand und die auf dem iPad nicht identisch waren.

Reflektieren: Spannend ist die weiterhin bestehende Position als Zuschauer während dem Agieren. Denn jeder der 20 Besucher darf in diesem Rahmen in ein abgeschlossenes System eintauchen. Während er selbst eine Rolle darstellt und andere betrachtet, wie sie das Selbe tun, ist er stets auch Zuschauender. Ununterbrochen bekommt man Informationen zu hören und Aufgaben gestellt. Trotzdem fragt man sich zugleich: Was mache ich hier? Man bewegt sich an der Grenze zum Videospiel, ein Parcours durch einen Dokumentarfilm. Ein Miterleben und Nachvollziehen wie es vom heimischen Sofa nie möglich wäre.

Kapieren: Was sich schlussendlich vom Inhalt bei den Teilnehmern festigt, lässt sich schwer einschätzen. Das Agieren fordert Aufmerksamkeit und das Hantieren mit dem iPad weckt kindliche Spielfreude. Die Erwartung auf neue Aufgaben und die Vorfreude auf unbekannte Situationen birgt die Gefahr, den fundierten Inhalten an Kraft zu nehmen. Mit Sicherheit wird jedoch über diesen Weg das Interesse für eine intensivere Auseinandersetzung mit dieser Thematik geweckt. Die während des Aufenthalts im Situation Rooms versäumten Informationen über die Charaktere lassen sich über das aussagekräftige Programmhefte nachträglich auffrischen und ergänzen. Das Erlebnis ist einmalig. Ist man nach etwa 90 Minuten wieder man selbst, bleibt einem unter der Macht der Eindrücke nur zu sagen: Wow.

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