CHASING RAINBOWS Crossing Oceans SPIELART 2017

Fünf Fragen an Koleka Putuma

Kaleka Putuma liest in der SPIELART-Almhütte aus COLLECTIVE AMNESIA.

Sie ist gerade mal 24 Jahre alt und schon eine enorm wichtige Stimme in Südafrika. Kaleka Putuma, Poetin und Theatermacherin, eroberte mit ihrem ersten Gedichtband COLLECTIVE AMNESIA die südafrikanische Literaturszene im Sturm. In weniger als fünf Monaten verkauften sich 2000 Exemplare und die Gedichte wurden zum Studieninhalt an südafrikanischen Universitäten. Heute zählt sie zu den zehn wichtigsten afrikanischen Lyriker*innen. Wir haben Kaleka in der SPIELART-Almhütte getroffen und ein wenig nachgebohrt, wie sie ihre Position als junge schwarze südafrikanische Autorin sieht.

Kaleka, ich habe ein Zitat von Dir gehört: „Don’t be a corpse, just be alive“. Was möchtest Du damit sagen?

Viele Menschen gehen davon aus, dass eine Lesung eine einseitige Erfahrung sein muss. Der Autor liest auf der Bühne, das Publikum lauscht leise. Aber ich sehe das anders. Ich komme aus der Poetry-Slam-Kultur, und da geht es immer um Interaktion und Feedback. Für mich ist das immer eine dialogische Erfahrung und deshalb ich freue mich, wenn die Zuhörer auf das reagieren, was ich auf der Bühne tue und sage.

Auf dem SPIELART hast Du aus Deinem Lyrikband COLLECTIVE AMNESIA gelesen. Was bedeutet für Dich der Begriff „Collective Amnesia“?

Gar keine so leichte Frage. Für mich geht es darum, sich an das zu erinnern, was in Vergessenheit geraten ist und die Themen anzusprechen, über die man eigentlich nicht gerne redet. Allerdings denke ich, dass es gerade wichtig und essenziel ist, über die Aspekte unserer Geschichte zu sprechen, die wir lieber ignorieren und stillschweigen würden.

Kaleka Putuma, Poetin und Theatermacherin aus Südafrika.

Warum hast Du Dich mit diesen Themen beschäftigt? Was hat daran Dein Interesse geweckt?

Ich bin 1993 geboren, kurz vor dem Ende der Apartheid. Ich bin also in einer Zeit aufgewachsen, in der mir immer Halbwahrheiten erzählt wurden. Ich habe immer nur eine halbe Version erfahren, von dem, was eigentlich geschehen ist und Menschen durchmachen mussten. In unseren Familien gibt es viele Geheimnisse, über die einfach nicht gesprochen wird. Und genau diese Geschichten wollte ich ausgraben und erzählen.

Du nimmst eine sehr bestimmte Perspektive in Deinen Gedichten ein, die der schwarzen afrikanischen Frau. Dennoch beschäftigst Du Dich auch mit der Perspektive, die dieser gegenübersteht: der Blick des weißen Mannes…

In den letzten Jahren wurden mir in Interviews oft die gleichen Fragen gestellt. Meistens natürlich waren das natürlich Gespräche mit weißen Frauen oder Männern. Ihnen ging es fast immer um die gleichen Aspekte des schwarzen weiblichen Körpers: um die schmerzvollen und traumatischen Erfahrungen, die diese Körper erfahren mussten. Alles andere wird einfach ignoriert. Diese Körper werden nicht als ganzheitliche, komplexe Individuen gesehen.

Es findet eine Reduzierung auf das Negative, die Traumata statt…

Alles, was uns Spaß macht, wird einfach weggelassen. Der Fakt, dass auch wir glückliche Menschen sind, die Freude am Leben haben, wird vernachlässigt. Auch wir lackieren uns gerne die Nägel, machen ganz banale, alltägliche Dinge. Aber dieser Blick, der von außen geworfen wird, tötet diese Aspekte und Erfahrungen. Und damit beschäftige ich mich auch in meinen Gedichten.

 

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