Art in Resistance SPIELART 2015

Hat hier jemand »Artivismus« gesagt?

Das SPIELART Festival 2015 steht unter anderem im Zeichen des Schlagworts »Artivism«. Immer wieder werden wir gefragt, was es mit diesem seltsamen Begriff auf sich hat und was er bedeutet. Der Versuch einer Annäherung.

Ismen gibt es bekanntermaßen viele und nicht immer ist allen klar, was sie bedeuten. In den munteren theoretischen Reigen des Theater- und Kunstdiskurses (Kolonialismus, Poststrukturalismus, Ethnozentrismus … einige dieser Begriffe werden wir in den nächsten Wochen in unserem Glossar erläutern) hat sich in den letzten Jahren ein weiterer -ismus eingereiht, der des Artivismus; oder geläufiger in seiner englischen Form: Artivism.

Gerne begegnet man dem Artivismus mit einem Hashtag, der ihm voran steht, was allerdings noch nichts über seinen Inhalt verrät. Was also ist dieser verflixte #Artvism, von dem so viele reden?

Zunächst einmal beschreibt der Begriff nichts anderes als eine Schnittstelle: die von Kunst und Aktivismus. Ja, wieder ein hübscher -ismus, ein entscheidender, wie sich herausstellt. Bekanntermaßen gibt sich nämlich Aktivsmus – egal welcher Coleur – nicht mit dem gesellschaftlichen Status quo zufrieden. Ein Unbehagen an Um- und Zuständen, das viele Künstler teilen und oft als Antrieb ihres Schaffens verstehen.

Ideen zur Verknüpfung der beiden Sphären lieferte in den letzten Jahren häufig die Antikriegs- und -Globalisierungsbewegung. Gerade letztere befasste sich zuletzt zunehmend mit Fragen sozialer Gleich und Ungleichheit: Anknüpfungspunkt vieler Künstler und Künstlerinnen die theoretischen Überlegungen sozialer Bewegungen – wie etwa Occupy – in künstlerische Praxis zu übersetzen.

Damit war der Begriff des Artivismus in der Welt, was aber bedeutet er konkret? Nun, in seiner gelebten Praxis illustriert das beispielsweise die Band Pussy Riot. Stets operieren die Künstlerinnen an der Nahtstelle von künstlerischer Darstellung und Protest, der auf einen gesellschaftlichen Wandel so nicht länger hinnehmbarer Zustände abzielt – auch auf die Gefahr hin,  dabei ins Visier staatlicher Unterdrückung zu geraten. Wie Pussy Riot in Russland zielen zahlreiche Künstler aus aller Welt auf Außerkraftsetzung von unterdrückenden Machtstrukturen ab – was sich an vielfältigen Protestformen im Nahen Osten der letzten Jahre ablesen lässt.

Ob Formen des Artivismus dabei am Kairoer Tahir-Platz ihren Ausdruck finden oder in der Berliner Street-Art-Szene, spielt keine Rolle. Einige Kommentatoren sehen in ihm die erste wirklich neue Kunstrichtung des 21. Jahrhunderts – ob diese These zutreffend ist oder nicht, eines ist klar: Artivismus zielt auf die Abschaffung gesellschaftlich und sozialer Missstände ab; und er versteht sich dabei selbstbewusst als Reparaturwerkstatt einer demokratischen Kultur, die entweder aus dem Tritt geraten oder erst im Entstehen begriffen ist.

Wie das Ganze in der Praxis übrigens noch aussehen kann, könnt ihr in unserer diesjährigen Reihe »Art in Resistance« zu sehen, in der sich eine ganze Reihe von Künstlern Gedanken zu dem Thema gemacht haben.

 

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