SPIELART 2013

MARKETPLACE 76 // NORMARENA // When I die

von Heili Schwarz-Schütte

Jan Lauwers/Needcompany MARKETPLACE 76

„On the 12th June, precisely a year ago, a gas cylinder exploded on the marketplace and 24 people were killed. At first it was thought to be a bomb, but then it turned out to be a leaking cylinder. If it had been a terrorist act, there would have been something heroic about it, but anyway the result was still… broken bones, a wheelchair and a great deal of grief – a great deal of grief.”

Und tatsächlich, ein schier unendliches Maß an schmerzverzerrter Verzweiflung und Trauer erzählen Jan Lauwers und seine Needcompany kaleidoskopartig ineinander verschachtelt: Gewalt, Vergewaltigung, Inzest, Selbstmord und Lynchjustiz stehen einer einem starken Überlebensoptimismus gegenüber. Aus der Polarität von Brachialgewalt und Zuneigung  speist sich dann auch  die substantielle Frage, wie viel Menschen ertragen und erdulden können und wann sie zu verzeihen in der Lage sind. Die Needcompany fokussiert ebenjene Angelpunkte der Gesellschaft auf dem namensgebenden Marktplatz eines namenlosen Dorfes mit verschiedenartigsten Mitteln (Tanz, Musik, Gesang, Videoinstallationen), dass sich die Gegensätzlichkeit von Sehnsüchten und Ängsten wie unter einem Brennglas vereinen und Ab- und Ausgrenzungen an und für sich irrelevant werden. Traum oder Albtraum – die verhandelte Geschichte irisiert, starke Bilder präsentierend. „It’s only theatre!“, ermahnt Jan Lauwers sein Publikum, aber was für welches. Denn auch wenn der Besuch der Needcompany bei Spielart schon eine Weile zurückliegt, es war mein vollkommenstes Theatererlebnis bisher.

Jan Machacek NORMARENA

Da steht er nun, wie im Programmheft angekündigt, „männlich, weiß, heterosexuell“ und wettert mit Verve gegen seine – eigentlich erfolgversprechende – priveligierte Stellung in der heutigen westlichen Gesellschaft, die er als goldenen Käfig ansieht, ansehen muss. Zur Veranschaulichung der misslichen Lage, hat Jan Machacek direkt eine Art Hamsterrad auf der sonst leeren, schwarzen Bühne installiert, in dem sich nicht nur das Licht bricht und flackernde Schatten wirft, sondern in den man auch wunderbar einsteigen kann, um zu demonstrieren, wie funktional ein Rädchen der Gesellschaft ist. So überrollt, geworfen wird nun ein Text vorgepresst, aggressiv im Stakkato oder auch leidend träumerisch. Das hat etwas sehr anklagendes und manchmal auch etwas poetisches, aber ob es deshalb mehr als ein zentrifugaler Abgesang seiner Selbst ist?

von Alisha Frei

Gegen Ende des Spielart-Festivals tauchen mit diesen beiden Stücken für mich persönlich noch zwei ganz besondere und konträre Konzepte auf.  Zum einen When I die, das auf ganz ruhige, fast schon subtile Weise vermitteln möchte, den Zuschauer sanft musikalisch durch den Abend trägt. Und auf der anderen Seite Normarena, das viel offensiver, mit einer In-your-face-Attitüde daherkommt, den Zuschauer direkt in einen Gedankenzyklus stößt, konfrontiert, aber gerade auch so zu beeindrucken und, ja, zu berühren weiß.

Beide Stücke sind – aus meinem Blickwinkel – großartig inszeniert und absolut sehenswert.

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