SPIELART 2013

GEH MIR AUS DER SONNE – Spannende Erzählungen

MARIE POOTH

 

In einer Art Biographien-Collage setzen sich die israelische Regisseurin Ofira Henig und ihr Ensemble mit Heimat und Exil, mit Identität und Unterdrückung, mit künstlerischer Freiheit und persönlichen Überzeugungen auseinander. Henigs eigener Weg zum freien künstlerischen Ausdruck, ihre Suche nach einer jüdischen Identität, ihre Ängste werden mit den Geschichten von Heinrich Heine, Federico García Lorca, Leni Riefenstahl und Robert Capa konfrontiert. Doch diese Charaktere vermischen sich immer wieder auch mit den Darstellern, die Grenzen verschwimmen.

Obwohl alle Biographien geprägt sind von Vertreibung, Unterdrückung und Entbehrungen und in diesem Kontext auch die deutsche Vergangenheit nicht ausgeblendet werden kann, kommt das Stück keineswegs mit erhobenem Zeigefinger daher. Die Personen werden nicht schwarz-weiß gezeichnet, sondern als facettenreich, teilweise mit durchaus ambivalenten Charakterzügen dargestellt. So kann man als Zuschauer fast Mitleid bekommen mit Leni Riefenstahl, die doch eigentlich „nur schöne Filme machen“ wollte, und sich keiner Schuld bewusst ist. Schließlich sieht sie darin ihr gutes Recht als Künstlerin, mit Nazi-Ideologie hat sie nichts am Hut.

Beeindruckend ist die zum Teil unerschütterliche Vaterlandsliebe der Figuren. So wünscht sich Heine beispielsweise trotz seines schwierigen Verhältnisses zu Deutschland nichts mehr, als in seiner Heimat bestattet zu werden. Umso tragischer wirkt die Tatsache, dass er nun in Paris, Montmartre, begraben liegt. Wirklich Schuld sind nur diejenigen, die Lorca (alias Doron Tavori) als die „falschen Spanier“ bezeichnet, die es aber auch in jedem anderen Land gibt. Diejenigen, die ihn letztlich erschießen, „in den Arsch, weil er ein Schwuler ist“.

Genau wie die dargestellten Persönlichkeiten stammen auch die Schauspieler aus verschiedenen Ländern und sprechen verschiedene Sprachen. Die deutsche Übersetzung gibt es zum Mitlesen, aufgrund der Textmassen kommt man so leider kaum dazu, dem Geschehen auf der Bühne zu folgen. Zum Glück der nicht multilingualen Zuschauer ist die Inszenierung allerdings auch eher statisch, der Text steht im Vordergrund.  Abgesehen von Unterbrechungen durch Musik- und Tanzeinlagen kann man sich voll und ganz auf die spannenden Erzählungen konzentrieren.

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